Zusammenfassung UVP Verhandlng

Von 05.10.2020 bis 07.10.2020 fand die mündliche UVP-Verhandlung zur Projekteinreichung Zitronensäureproduktion in Bergern der Jungbunzlauer Austria AG (Projektwerberin) in der Messe Wieselburg, Messehalle 3, Volksfestplatz 3, 3250 Wieselburg statt.

 

Auf Grund der aktuellen Covid-19 Lage (Bezirk Scheibbs und Bezirk Melk Orange lt. Corona-Ampel) hat die Rechtsvertretung der Bürgerinitiative Ritter der Au, Univ.-Doz. Dr. Wolfgang List, vorab drei schriftliche Anträge auf Verschiebung der Verhandlung gestellt. Diese wurden von der Behörde nicht beantwortet. Der vierte Antrag wurde mündlich zu Beginn der Verhandlung gestellt und wurde vom Verhandlungsleiter, Mag. Paul Sekyra, abgelehnt. Begründung: Alle vom Land NÖ vorgegebenen Corona-Maßnahmen würden eingehalten werden. Sowohl die Bürgerinitiative als auch eine Allgemeinmedizinerin vor Ort konnten grobe Mängel in der Einhaltung feststellen, dennoch fand die Verhandlung statt.

 

 

Zum Verfahren (in eigenen Worten):

 

Laut Verhandlungsleiter befanden sich zu Verhandlungsbeginn 76 Personen im Saal:

 

  •  Verhandlungsleiter, Schriftführer*innen, Sachverständige des Landes NÖ;

 

  •  Geschäftsführung, Mitarbeiter*innen, Rechtsvertretung und Fachexpert*innen der Jungbunzlauer Austria AG;

 

  •  Mitglieder der Bürgerinitiative Ritter der Au, deren Rechtsvertretung und Sachverständige;

 

  •  besorgte Bürger*innen;

 

  •  Vertreter*innen der regionalen Politik;

 

  •  Medienvertreter*innen

 

 

 

Um im Verfahren eine mündliche Stellungnahme abgeben zu dürfen, war eine Eintragung in die Rednerlisten (Allgemeine Stellungnahmen bzw. Fachthemenbereiche) vor Beginn der Verhandlung erforderlich. Ebenfalls erforderlich war der Eintrag in eine Anwesenheitsliste auch vor dem Betreten des Verhandlungssaals.

 

Nach der Eröffnung durch den Verhandlungsleiter, stellte die Projektwerberin in einer etwa 15 Minuten langen Präsentation ihre Produkte und die geplante Anlage vor. Danach folgte eine Stellungnahme zum Projekt durch den Standortanwalt der Wirtschaftskammer.

 

 

Der Antrag von Dr. List auf Antrag auf Abberaumung auf Grund von Covid-19 (s.o.) wurde abgewiesen, sodann begannen die Stellungnahmen der Personen laut Rednerliste. Die eingetragenen Personen wurden namentlich aufgerufen und konnten am Rednerpult ihre Anliegen vortragen.

 

Vertreter*Innen der Projektwerberin Jungbunzlauer Austria AG, namentlich in erster Linie deren Geschäftsführer Dr. Josef Gaß und deren Rechtsvertretung Dr. Katharina Huber-Medek sowie Dr. Peter Krömer bekamen laufend Gelegenheit, auf Äußerungen oder Fragen zu antworten. Der Bürgerinitiative wurden spontane Nachfragen oder Stellungnahmen durch den Verhandlungsleiter untersagt. Eine Redevollmacht für andere Personen auf Seite der Projektgegner*innen wurde nicht akzeptiert. Erst nach einem Einwand von Dr. List und einer Pause wurde dem dann doch stattgegeben.

 

Anrainer*innen und besorgte Bürger*innen sowie Sachverständige trugen ihre Einwände zu den jeweiligen Fachbereichen vor. 

 

 

 

Für die Bürgerinitiative waren das Dr. List, sowohl aus rechtlicher Sicht als auch in Vertretung für Ing. Alfred Schedl (Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger; Allgemeine Chemie, chem.-techn. Fragen der Umweltschutztechnik u. -analytik) sowie Dr. Egon Zwicker als Fachexperte für Biologie, Naturschutzgebiete, Fauna und Flora. Ing. Schedl konnte aufgrund des hohen Risikos durch Covid-19 nicht selbst teilnehmen.

 

 

Von der NÖ Umweltanwaltschaft gab es mehrere ausführliche Stellungnahmen vom Fachexperten für Umwelt, Dipl. -Ing. Dr. Erwin Huter, MA, welcher die Pläne der Projektwerberin kritisch hinterfragte und einige Einwände einbrachte.

 

Der Bürgermeister der Standortgemeinde Zelking-Matzleinsdorf, Gerhard Bürg, war an beiden Verhandlungstagen anwesend, die Bürgermeisterin der Standortgemeinde Leiben tlw. am ersten Verhandlungstag. Von beiden erfolgte keine Wortmeldung.

 

Der Bürgermeister der Nachbargemeinde Pöchlarn, Franz Heisler, gab in einer kurzen Stellungnahme an, dass sich aus der Katastralgemeinde Ornding immer wieder Bürger*innen mit ihren Sorgen und Bedenken bei ihm gemeldet hätten.

 

Die Nachbargemeinde Stadt Melk war u.a. vertreten durch Bürgermeister Patrick Strobl, Rechtsbeistand Dr. Gerhard Taufner sowie dem externen Sachverständigen, Hon.-Prof. DI Dr. Bruno Sternad (Zivilingenieur für techn. Chemie). Dr. Taufner stellte die Frage, ob die Projektwerberin eine Garantie abgeben könne, dass es in Melk durch den Betrieb der Anlage nicht zu Geruchsbelästigungen kommen wird. Diese Garantie konnte seitens Jungbunzlauer Austria AG nicht gegeben werden. Dr. Sternad hat in Folge sehr ausführlich seine Bedenken ggü. dem geplanten Projekt erläutert. Er befürwortet grundsätzlich dieses Werk, stellt aber den Standort in Frage. Er ist der Meinung, dass die Rückwidmung des Areals längst hätte erfolgen müssen, um möglicherweise irreparable Änderungen in der Landschaft zu verhindern (eine teilweise Widmung der geplanten Betriebsflächen als Industriegebiet erfolgte in den 1970er Jahren im Rahmen eines geplanten kalorischen Kraftwerks, Anm.). Auch die Anzahl der Ausbaustufen wurde hinterfragt. Die Projektwerberin bestritt - entgegen der von ihr selbst mehrfach verbreiteten Information - weitere Ausbaustufen "im Rahmen dieses Projekts" (weitere Ausbaustufen könnten im Rahmen weiterer Projekte eingereicht werden; für diese wären ggf. auch keine weiteren UVP-Verhandlungen erforderlich, Anm.).

 

 

Auch wurden seitens der Stadtgemeinde Melk massive Bedenken geäußert, dass die geplante Industrieanlage negative Auswirkungen auf den für Melk und die Region so wichtigen Tourismus haben könnte (Passagier-Schifffahrt, Radtourismus, Besucher des Stifts Melk).

 

Die Frage, ob vom Stift Melk ein Veto gegen den geplanten Bau eingelangt wäre, verneinte die Rechtsvertretung der Projektwerberin.

 

 

Der Verhandlungsleiter wollte gegen 18:30 Uhr den 2. Tag der Verhandlung beenden und setzte den Beginn der Weiterführung für den nächsten Tag fest. Bürgermeister Strobl stellte den Antrag, nicht direkt am nächsten Tag weiter zu verhandeln, da so kurzfristig weder eine Rechtsvertretung noch ein Sachverständiger zur Verfügung stehen würde. Der Verhandlungsleiter gab dem Antrag nicht statt. Die Begründung: In der Kundmachung war festgehalten, dass bei Verlängerung "Ort und Zeit der Weiterführung bekannt gegeben werden".

 

Dr. Krömer (Rechtsvertretung Jungbunzlauer Austria AG) argumentierte, dass die Projektwerberin ja vorab die Räumlichkeiten für 4 Tage reserviert hätte und warf Bürgermeister Strobl Verfahrensverschleppung vor. Zusammenfassung mündliche UVP-Verhandlung 

 

 

 

Gegen 19:00 Uhr wurde die Verhandlung vom Verhandlungsleiter – nach einem Blick auf sein Smartphone – unterbrochen. In einem extra Bereich wurde unter Teilnahme der Behörde, der Projektwerberin und Bürgermeister Strobl unter Ausschluss der Öffentlichkeit das Thema behandelt. Nach der Rückkehr erklärte der Verhandlungsleiter, dass man versuche, am 2. Tag zumindest noch alle Fachthemen und die Schlussstellungnahmen zu behandeln.

 

Die Bürgerinitiative und deren Rechtsvertretung waren darauf vorbereitet und hatten ihre Schlussstellungnahme zwischenzeitlich schriftlich verfasst.

 

 

Ein interessantes Detail am Rande: in den Mittagspausen gab es im 1. Stock einen Essensbereich, welcher offensichtlich nicht allen Teilnehmer*innen zugänglich war (Projektgegnern wurde beim Aufgang vom Verhandlungsleiter das Betreten untersagt). Fraglich ist, wie es dazu kam und wer eingeladen war, seine Mittagspause in diesen Räumlichkeiten zu verbringen (lt. Catering wurden am 1. Tag rd. 50 Portionen bestellt, am 2. Tag etwas weniger). Hier geht es nicht darum, wer bezahlt oder bestellt hat, sondern dass es seltsam anmutet, wenn Behördenvertreter*innen sowie Vertreter*innen der Jungbunzlauer Austria AG gemeinsam diesen Bereich nutzten, während anderen der Zutritt verwehrt blieb.

 

 

Die Verhandlungstage dauerten ca. 12 bzw. 14 Stunden. Am Ende des zweiten Verhandlungstages konnten noch allgemeine Schlussstellungnahmen eingebacht werden.

 

 

Am dritten, zusätzlich anberaumten Verhandlungstag fand noch die Korrektur und Prüfung der Verhandlungsschrift statt. Diese umfasst ohne Beilagen über 100 Seiten und wurde am 12.10.2020 behördlich zugestellt.

 

 

Laut dem Land NÖ ergeht der Bescheid im November. Unabhängig davon, wie dieser durch die Landesregierung nach Prüfung aller relevanten Themen ausfallen wird, werden wir weiter unser Ziel verfolgen. Wir kämpfen weiterhin für Lebensqualität, unsere Zukunft und die Erhaltung der Natur.

 

 

Für weitere Fragen stehen wir Ihnen sehr gerne unter ritter-der-au@gmx.at zur Verfügung.

 

Abschließend danken wir noch allen Projektgegner*innen, die trotz der orangen Covid-19 Ampelstufe das Risiko auf sich genommen haben und bei der Verhandlung anwesend waren. Dadurch konnten wir als betroffene und besorgte Bürger*innen trotz aller Widrigkeiten ein Zeichen setzen!

 

 

Mit "ritterlichen Grüßen"

 

Obfrau Karin Selhofer im Namen des Vorstands "Verein Bürgerinitiative Ritter der Au"

 

 

Der Vorstand der Bürgerinitiative und deren Familien arbeiten viele Wochenstunden ehrenamtlich, aber sowohl unsere Sachverständigen als auch unser Rechtsbeistand müssen finanziert werden. Deshalb bitten wir Sie herzlich um Ihre Unterstützung in Form einer Spende. Vielen Dank!

 

Verein Bürgerinitiative Ritter der Au, IBAN AT54 5300 0030 5401 1376